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Unbedingt Salpetersäure?

Unbedingt Salpetersäure?
30. Oktober 2011 19:37
Hallo zusammen!

Nach ein paar geglückten Eloxierungen, hab ich heute meinen ersten Fehlschlag!

Eloxiert wurde ein Teil aus AlZnMgCu1,5 (AW7075) mit knapp 2 dm² bei 3A.
Badtemperatur war am Ende bei 23 °C an der äussersten Stelle (War zuviel und durch die leichte Umwäzung durch nen
Luftsprudler wars wahrscheinlich am Bauteil noch wärmer.)

Nach einem Zweistufensealing löste sich die Farbe (Tiefschwarz) beim drüberwischen wieder ab,
bis auf eine Stelle. Diese war am tiefsten Punkt des Bades, ich denke mal auch am kältesten.

Als Ursache vermute ich stark eine zu hohe Badtemperatur, den zwei andere Teile aus dem selben Material
konnte ich ohne Probleme eloxieren, da war die Badtemperatur jedoch bei 15 °C.


Nun zu meiner eigentlichen Frage:
Nach dem abbeizen in Natronlauge ist das Alu richtig Titanfarben geworden, wie ich jetzt gelesen habe,
ist das aufgrund der Legierungsbestandteile normal und sollte ich Anschluss kurz in Salpetersäure geschwenkt werden,
damit es wieder blank wird.
Kann man es Alternativ einfach Glasperlenstrahlen oder ist da der Materialabtrag zu gering?


Noch ne kleine Zusatzfrage:
Ich habe zwei Testbleche für Färbeversuche mittels Kupferdraht anodisiert, der Kupferdraht hatte zu Beginn kein Kontakt zur Säure, jedoch war nach 60 min. das Blech komplett nass und auch der Kupferdraht war leicht mit Säure benetzt.
Was für Auswirkungen hat Kupfer im Säurebad?

Wäre super wenn mir kurz jemand weiterhelfen könnte!

Danke und schönen Abend noch!

Gruß Stephan
Re: Unbedingt Salpetersäure?
31. Oktober 2011 10:37
Hallo, Stephan!

An Deiner missglückten Anodisierung war - wie Du schon selbst vermutet hast - wahrscheinlich die hohe Badtemperatur schuld. Möglicherweise wurde an den zu warmen Stellen gar keine ausreichende Schicht gebildet, wodurch die Einfärbung nicht mehr möglich war.

7075 ist fürs dekorativ eloxieren zwar nicht ideal, weil es eben eine Eigenfärbung an der Oberfläche zeigt, aber die Schichtbildung ist ausreichend bis gut, und dunkle Farbtöne stellen im Allgemeinen kein Problem dar - tiefschwarz sollte immer funktionieren.
Die Verfärbung beim Beizen in Natronlauge entsteht durch die Zink- und Kuperbestandteile der Legierung. Die lösen sich auch im Säurebad gleich wieder auf, sind dann aber im Bad. Das spielt einmal absolut keine Rolle, wenn Du aber viele Werkstücke mit demselben Bad eloxieren willst, solltest Du in Salpetersäure bis zur Entfärbung schwenken.
Glasperlstrahlen solltest Du gar nicht erst ins Auge fassen. Es können dadurch Verunreinigungen in die Oberfläche eingebracht werden, die das anschließende Eloxieren unmöglich machen bzw. das Eloxalbad verunreinigen. Keinesfalls darf mit der verwendeten Strahlpistole/Anlage schon einmal Eisen/Stahl gestrahlt worden sein, denn es besteht die Gefahr, dass kleinste Eisenpartikel in die Aluminiumoberfläche geschossen werden, die den Schichtaufbau empfindlich stören und noch dazu das Bad verunreinigen.
Fazit: Keinerlei mechanische Bearbeitung mehr nach dem Beizen in Natronlauge! Spülen in Salpetersäure macht nicht nur die Oberfläche wieder blank, es fördert auch die Güte der Eloxierung.

Kupfer im Eloxalbad ist ganz schlecht und kann das Bad unbrauchbar machen! Nach Deiner Schilderung nehme ich aber an, dass der Kupferdraht nicht in die Säure eintauchte, sondern nur vom Säurenebel benetzt wurde. Wenn dabei die Säure nicht ins Bad geradezu zurückgeflossen ist, wird nicht viel passiert sein. Dennoch wäre eine Minimaleloxierung eines Teststreifens zur Kontrolle anzuraten.

Grundsätzlich dürfen nur Aluminium und Titan zur Kontaktierung verwendet werden, wenn auch nur die vage Möglichkeit eines Säurekontaktes besteht! Jedes andere Metall kann zur Zerstörung des Bades führen, wenn auch unter Umständen nicht sofort, so doch auf längere Sicht.

Grüße, Rudi

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Wenn Du sicher bist, richtig gemessen zu haben, miss nochmal!
Re: Unbedingt Salpetersäure?
31. Oktober 2011 12:47
Hallo Rudi!

Vielen Dank für Deine wirklich sehr ausführliche Antwort!

Ich habe heute nochmal einen Versuch gestartet, leider vor deinem Post, den sonst hätte ich erst Salpetersäure besorgt.

Ich habe das Werkstück nach dem Laugen gestrahlt (in der Kabine wird nur Alu gestrahlt) und in dem Reinigungsmittel Alu für 10 min. gebadet, dann ins Anodisierbecken. Temperatur zu Beginn bei 13 °C. Nach 60 min. war die Temperatur bei 17 °C und das Werkstück hatte komplett eine leicht goldenen Farbton, das AlMgSi von den Gewindestangen und Muttern an denen das Werkstück kontaktiert ist, war richtig schön silbern. Zumindest sah das Teil nach dem Anodisieren so aus wie die anderen beiden geglückten Teile von gestern.
Danach 20 min. ins Farbbad Tiefschwarz bei 57°C. Dann für 5 min. in Sealsalzlösung bei 70 °C und zu guter letzt ins Kochende Wasser mit Sealingzusatz bei permanent über 96 °C.

Nach 60 min. raus kurz mit dem Finger an der untersten kante durchgestrichen und erstmal geflucht: Schwarze schlieren!
Das Teil aus der Halterung genommen und unter warmem Wasser abgewaschen, getrocknet und nochmal getestet und siehe da, keine schwarzen Finger. Das Oberflächenfinish ist perfekt, keine Flecken, Schlieren oder Beläge einfach seidenmattes Pechschwarz ringsum in jeder Ecke und die Farbe bleibt auch da wo sie hingehört, zumindest zu 99,9%. Wenn man mit einem weissen Küchentuch kräftig drüberrubbelt, löst sich noch ein Hauch von Schwarz, jedoch bleibt die Oberfläche unverändert. Selbst mit nem harten Gegenstand lässt sich die Oberfläche nicht beschädigen.
Von daher würde ich mir gerne einreden, dass es normal ist und nicht alle Farbpigmente in den Poren Platz hatten, ein paar mussten draussenbleiben.
Vondaher war es heute ein Erfolg!

Zum Kupferdraht, der hatte keinen richtigen Kontakt zur Säure war nur benebelt. Ansonsten nehm ich in Zukunft nur noch Alu oder den Titatndraht, der beim Starterset dabei war, hätte ich vielleicht gleich tun sollen.

Bei der Werkstückvorbereitung muss ich mir noch eine Standardvorgehensweise zulegen, momentan ist vieles noch probieren.
Salpetersäure steht als nächstes aufm Einkaufszettel, da muss ich mal bei meiner Nachbarin (Apothekerin) anklopfen.
Ausserdem noch ein geeignetes Gefäss zum schwenken des Bauteils in der Säure, da muss ich mal schauen was die Haushaltswarenabteilung hergibt. Was wäre da besser Glas oder Edelstahl?

Danke auch noch an Herr Drube, der mir per ICQ sehr weitergeholfen hat!

Gruß Stephan


Re: Unbedingt Salpetersäure?
31. Oktober 2011 14:27
Hallo, Stephan!

Es freut mich, dass es letztendlich geklappt hat - ist ein schönes Teil.
Wie schon in meinem ersten Beitrag geschrieben: Es muss nichts Böses passieren beim Strahlen - aber es kann. Da genügt es mitunter schon, dass irgendwann mal die Kabinenwand den vollen Strahl abbekommen hat. Im aufgewirbelten Staub können genug Fremdpartikel enthalten sein, die irgendwann für ein mysteriöses Ergebnis beim Eloxieren sorgen - meist erst dann, wenn man schon gar nicht mehr an diese Möglichkeit denkt...

Bitte keine konzentrierte (rauchende) Salpetersäure verwenden. Verdünnt auf 30 - 50 % genügt vollauf, außerdem ist da die Gefahr von Unfallfolgen geringer, weil man ein paar Sekunden mehr Zeit hat, zur Wasserleitung zu kommen.

Gefäße aus PP (Polypropylen) sind sehr beständig gegen Säuren. Die meisten Wannen aus der Haushaltsabteilung sind aus PP. Glas wäre ideal, wenn es nur nicht so zerbrechlich wäre (der Teufel schläft nie!). Edelstahl würde ich nicht nehmen, Plastik ist billiger und setzt garantiert keine Legierungsbestandteile frei.

Grüße, Rudi

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Wenn Du sicher bist, richtig gemessen zu haben, miss nochmal!
Re: Unbedingt Salpetersäure?
01. November 2011 09:32
Hallo Rudi!

Ich hatte vor 20%-Salpetersäure zu verwenden, hab das hier im Forum schon öfter gelesen, dass das ausreichen soll.

Desweiteren dachte ich, dass man Kunststoff nicht für Salpetersäure verwenden darf. Aber wenn Du das schreibst gehe ich mal davon aus, dass es für eine kurzfristige Verwendung (< 20 min.) als Badegefäss für die Bauteile funktioniert.

Gruß Stephan
Re: Unbedingt Salpetersäure?
01. November 2011 10:13
Hallo!

Ja, 15-25% werden üblicherweise verwendet.

Kunststoffgefäße sind auch für höher konzentrierte Salpetersäure kein Problem.
Z.B. wird 56%ige HNO3 in normalen PE-Kanistern angeliefert und bisher halten diese hier schon einige Jahre ;-)

Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Drube
Electronic Thingks
Re: Unbedingt Salpetersäure?
01. November 2011 12:02
Hallo Christoph!

Danke fürs ausmerzen meiner letzten Bedenken!

Dann kann ich ja unbesorgt die Haushaltswarenabteilung stürmen und meine Lieblings-Clip&Close-Dosen (PP) holen! ;-)

Danke für die Hilfe!

Gruß Stephan
Re: Unbedingt Salpetersäure?
01. November 2011 15:50
Hallo Stephan,

du solltest diese Dosen aber nur zur Anwendung, d.h. zum Behandeln deiner Teile benutzen. Danach die Säure wieder in einen verschlossenen, deutlich gekennzeichneten Kanister umfüllen. Ich möchte hier nicht den Oberlehrer spielen, aber Chemikalien sollten wegen der durchaus vorhandenen Verwechslungsgefahr niemals in Behältern für Lebensmittel gelagert werden!

Grüsse,

Thomas.
Re: Unbedingt Salpetersäure?
01. November 2011 19:45
Hallo Thomas!

Geb ich Dir vollkommen recht und will ich auch so bei der Säure praktizieren.
Die restlichen Bäder habe ich jedoch in den besagten Behältnissen gelagert,
jedoch in einer separaten Wanne in einem geschlossenen Schrank und alles
genau gekennzeichnet.
Ich habe aber auch den "Luxus" alleine zu wohnen, falls sich da mal was ändern sollte,
werde ich da auch entsprechend handeln.

Daher ist Dein Hinweis absolut korrekt und hat nix mit Oberlehrer spielen zu tun!

Gruß Stephan
Re: Unbedingt Salpetersäure?
05. November 2011 15:57
Hallo zusammen!

Bräuchte nochmal kurz Euer Fachwissen:

Ich habe 53%ige Salpetersäure und möchte 2 Liter 20%ige am Ende haben.

Nach langer Recherche im Internet bin ich übers Mischungskreuz gestolpert und habe anhand diesem das
Mischungsverhältnis berechnet, da ich bei Säuren aber lieber auf Nummer sicher gehe, wäre es nett wenn Ihr kurz über meine
Rechnung schaut, ob da alles korrekt ist.

So los gehts:

Dichte 20% = 1,12 g/cm³
Dichte 53% = 1,33 g/cm³

Mischungskreuz:

0% (Dest.Wasser) -----------------------------------------> 33 (g) = 33,000 ml

______________________20% (Fertige Mischung)

53% (Salpeters.)--------------------------------------------> 20 (g) = 15,037 ml

------------------------------------------------------------------> 53 (g) = 47,321 ml


Hochrechnung auf 2000 ml fertige Mischung:

Destiliertes Wasser = (33,000 ml x 2000 ml) / 47,321 ml = 1394,73 ml

Salpetersäure 53% = (15,037 ml x 2000 ml) / 47,321 ml = 635,53 ml


Wenn jetzt nicht irgendwo ein Denkfehler ist, müsste ich aus 1395 ml Dest. Wasser und 636 ml Salpetersäure 53%
ca. 2000 ml fertige Salpetersäure mit 20% bekommen.

Gruß Stephan
Re: Unbedingt Salpetersäure?
06. November 2011 21:33
Hallo Stephan

Ja ist richtig.

Ich verwende auch ein Michungskreutz
2.3. Berechnung von Mischungsverhältnissen und Volumina mit dem Mischungskreuz
Da kommen keine fragen mehr auf und funzt auch mit Schwefelsäure.

Gruss Peter



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 06. November 2011 21:35.
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