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Eloxierdauer, Färbedauer, kalt Färben, schrittweiser Spannungsanstieg, Pufferzusatz?!

pe-ce-oh
Eloxierdauer, Färbedauer, kalt Färben, schrittweiser Spannungsanstieg, Pufferzusatz?!
26. März 2010 14:46
Hallo Zusammen,

als Ferienjobler bin ich für 4 Wochen mit der spannenden Aufgabe betraut für meine Firma den Einstieg in die Kunst des Eloxierens vorzubereiten, d.h. etwas Erfahrungen in Sachen Eloxieren zu sammeln und Versuche zu machen...

3 Wochen davon sind jetzt rum, die Ergebnisse waren zu Beginn miserabel, sind jetzt aber schon relativ gut. Trotzdem habe ich noch ein paar Fragen an euch bzw. Punkte, wozu mich eure Meinung interessiert! Aber zuerst mal zum Aufbau, vielleicht stecken da ja für euch aufschlussreiche Informationen drin:

Unser (immer wieder veränderter) aktueller Aufbau sieht folgendermaßen aus:
• Waschen mit dem Reinigungsmittel von electronic thingks
• Spülen mit destilliertem Wasser
• Eloxieren in 1:1 mit Wasser verdünnter Akku-Säure
o Alu-Werkstück AlMgSi0,5
o Bleiblech als Kathode
o Selbstregelndes Netzgerät, das die Stromstärke konstant hält
o Stromstärke beträgt 2*1,5A/cm², dafür halbe Eloxierdauer (also ½ Stunde)
• Spülen mit destilliertem Wasser
• Färben in kaltem Farbbad mit Färbezeiten von unter 2 min
• Verdichten in kochendem destilliertem Wasser

Jetzt zu den Fragen bzw. Unklarheiten (Es steht zwar alles wie Tatsachen da, ist aber als „in frage gestellt' zu betrachten):

Ein erfahrener „Eloxierer' hat uns folgende Tipps und Erfahrungen gegeben:
1. Der Eloxiervorgang muss immer beendet werden (!), d.h. es muss mind. 1/2 Stunde bei doppelter, oder 1 Stunde bei einfacher Stromstärke eloxiert werden, wobei beides gleichwertig ist.
2. Die Spannung sollte im Idealfall innerhalb der ersten Minuten 12 Volt nicht überschreiten. Bei zu hoher Spannung zu Beginn des Eloxierens wird die Oberfläche bzw. deren Poren regelrecht 'abgesprengt'. Um dies zu vermeiden und die Oberfläche zu schonen sollte die Oxidschicht besser mit langsam steigender Spannung aufgebaut werden.
3. Statt der vom Hersteller (electronic thingks) angegebenen Färbedauer von 10-20 min (bei blau) reichen einige Sekunden aus.
4. Statt der vom Hersteller als optimal angegebenen Färbetemperatur ist ein kaltes Farbbad (Zimmertemperatur) genauso möglich (je kälter umso langsamer lagern sich die Pigmente ein / färbt sich das Bauteil, d.h. umso einfacher kann der richtige Farbton getroffen werden).

Eigene Erkenntnisse waren:
1. Neutralisieren ist überflüssig
2. Es muss auf jeden Fall destilliertes Wasser für das Schwefelsäure- und das Farbbad verwendet werden. Am besten nur destilliertes Wasser bei allem.
3. Ein schrittweises ansteigen der Spannung liefert tatsächlich bessere Ergebnisse.
4. Auch mit der Eloxierdauer kann der Farbton reguliert werden.
5. Die Art der Kontaktierung (Draht, Gewinde, Fläche usw.) spielt keine Rolle (vorausgesetzt es gibt überhaupt Kontakt).
6. Färben kann ohne negative Effekte kalt, also bei Zimmertemperatur, stattfinden.
7. Der Pufferzusatz (electronic thingks) mit Essigsäure führte zu schlechteren Ergebnissen als das Färben ohne dem Zusatz und ohne Beachten des pH-Werts. Der pH-Wert ist meiner Erfahrung nach also unwichtig.

Es würde mich freuen, wenn ihr lebhaft euren Senf zu allem dazu geben könntet, wo euch was einfällt, ihr Erfahrung habt oder einfach nur widersprechen wollt ;)

Besten Dank schon mal!

Gruß

Alex
Eloxierdauer, Färbedauer, kalt Färben, schrittweiser Spannungsanstieg, Pufferzusatz?!
26. März 2010 22:10
Hallo Alex,

ein kaltes Farbbad habe ich zwar selber noch nie ausprobiert, aber ich nehme an, der Hersteller der Farbe (ist sicher nicht Hr. Drube) hat sich schon etwas bei der Temperatur-Empfehlung gedacht. In der Industrie wird wohl auch 'warm' gefärbt und die würden als erstes den Vorteil nutzen der sich aus Energie und Zeiteinsparung ergeben würde.

Aber: wenn es bei dir funktioniert, warum nicht?


Zur Badzeit, 30 min Anodisierdauer sind die unterste Grenze. Warum nicht einfach 60 min zugunsten der besseren Schichtbildung? Ich anodisiere meine Teile immer 90 min und habe damit gute Erfahrungen gemacht.

Was imho noch einen grossen Unterschied macht, ist die Versiegelung. Hab ich zuerst auch nur mit Wasser gemacht, dann mit Sealsalz und jetzt bin ich beim 2 Stufen Sealing 'angekommen', wie auch in der Anleitung beschrieben. Die Farben sind einfach strahlender und die Oberfläche gleichmässiger, ohne Flecken, etc.

Probier einfach alles aus, dann wirst du die für dich optimalen Bedingungen finden.


Grüsse

Thomas


Achso: Der pH-Wert ist sicher nicht unwichtig. Man hat einen Spielraum in dem alles funktioniert, bei zu grossen Abweichungen wirds Mist. Nicht nur die Qualität der Färbung sondern auch die Haltbarkeit des Bades vermindern sich dann (eigene Erfahrung).
Eloxierdauer, Färbedauer, kalt Färben, schrittweiser Spannungsanstieg, Pufferzusatz?!
27. März 2010 13:15
Hallo!

Viele Fragen - los geht's:

1. Der Eloxiervorgang muss immer beendet werden (!), d.h. es muss mind. 1/2 Stunde bei doppelter, oder 1 Stunde bei einfacher Stromstärke eloxiert werden, wobei beides gleichwertig ist.

Das stimmt nur unter gewissen Voraussetzungen. Man kann den Vorgang nicht beliebig verkürzen, insbesondere nicht bei mangelhafter Kühlung und Umwälzung. Die an der Grenzschicht entstehende Wärme muss abgeführt bzw. so gering gehalten werden, dass die Schicht nicht unnötig stark aufgelöst wird. Je nach Stromstärke und Dauer können sehr unterschiedliche Schichten entstehen!

30 Minuten sind für vernünftige dekorative Schichten schon die untere Grenze.

2. Die Spannung sollte im Idealfall innerhalb der ersten Minuten 12 Volt nicht überschreiten. Bei zu hoher Spannung zu Beginn des Eloxierens wird die Oberfläche bzw. deren Poren regelrecht 'abgesprengt'. Um dies zu vermeiden und die Oberfläche zu schonen sollte die Oxidschicht besser mit langsam steigender Spannung aufgebaut werden.

Die Spannung ist beim Eloxieren sekundär, entscheidend ist immer der eingeprägte Strom. Es wird zu Anfang nichts 'abgesprengt' (maximal wird mehr aufgelöst) - wenn man sich an den empfohlenen Strom hält.
Allenfalls ist es günstig, die Teile ganz zu Anfang für einige Minuten im Bad ohne Stromzufuhr ruhen zu lassen.

3. Statt der vom Hersteller (electronic thingks) angegebenen Färbedauer von 10-20 min (bei blau) reichen einige Sekunden aus.
4. Statt der vom Hersteller als optimal angegebenen Färbetemperatur ist ein kaltes Farbbad (Zimmertemperatur) genauso möglich (je kälter umso langsamer lagern sich die Pigmente ein / färbt sich das Bauteil, d.h. umso einfacher kann der richtige Farbton getroffen werden).


Natürlich kann man auch nur einige Sekunden färben - die Herstellerangaben haben aber ihren (guten) Grund. Um eine ausreichende UV-Reistenz zu erhalten, sind gewisse Mengen an Farbstoff in den Poren unumgänglich. Da die Poren um Größenordnungen länger als breit sind (durchaus 100000:1) benötigt der Farbstoff die Zeit, um komplett aufzuziehen. Das muss dann nicht einmal mit einer Farbtonänderung einhergehen.
Gleichzeitig besitzen die Farbstoffe sog. 'chemische Anker', die dann eine feste, kovalente Bindung des farblich aktiven Teils an der Porenwand bewirken. Es laufen also durchaus auch chemische Reaktionen in der Pore ab.

Mit einer zu kurzen Färbephase nimmt man dem Farbstoff die Chance dazu.

Die Spreu trennt sich dann schon nach einigen Wochen vom Weizen. Ein nur Sekunden gefärbtes Bauteil ver-/entfärbt sich bereits dann, während eine korrekte Färbung über Jahre stabil ist. Im Außenbereich führt sowieso kein Weg an einer längeren Färbephase vorbei.

1. Neutralisieren ist überflüssig
Es kommt - wie immer - darauf an :-) Aber gründliches Spülen reicht meist auch.

2. Es muss auf jeden Fall destilliertes Wasser für das Schwefelsäure- und das Farbbad verwendet werden. Am besten nur destilliertes Wasser bei allem.
Ja - das haben wir nicht umsonst reingenommen - insbesondere für das Farbbad ist das 'lebenswichtig' ;-)

4. Auch mit der Eloxierdauer kann der Farbton reguliert werden.
Ja, aber weniger mit der Dauer als mit der Schichtstärke.

5. Die Art der Kontaktierung (Draht, Gewinde, Fläche usw.) spielt keine Rolle (vorausgesetzt es gibt überhaupt Kontakt).
Auch da kommt es darauf an - je nach Stromstärke muss die Kontaktfläche entsprechend größer sein. Dass bei 30A 1/4 mm² Fläche nicht mehr ausreicht, sollte klar sein.
Bei kleinen Strömen (bis 5A) ist es aber in der Tat nur wichtig, dass ein fester Kontakt vorhanden ist.

6. Färben kann ohne negative Effekte kalt, also bei Zimmertemperatur, stattfinden.
Ja. Es dauert dann einfach entsprechend länger. Grob gesagt laufen chem. Reaktionen pro 10K Temperaturerhöhung doppelt so schnell ab. Wer also bei Zimmertemperatur färbt, muss die Zeit vervierfachen, um gleich gute Ergebnisse zu erhalten.
Die 40-50° sind einfach ein guter Kompromiss zwischen Dauer und beginnender Versiegelung, denn in der Industrie ist Zeit Geld.

7. Der Pufferzusatz (electronic thingks) mit Essigsäure führte zu schlechteren Ergebnissen als das Färben ohne dem Zusatz und ohne Beachten des pH-Werts. Der pH-Wert ist meiner Erfahrung nach also unwichtig.
Dann wurde irgendetwas falsch gemacht. Der Pufferzusatz sollte sich auf jeden Fall nicht negativ auswirken. Der pH-Wert ist durchaus wichtig - insbesondere in Bezug auf die Langzeitstabilität der Färbung und des Farbbades.
Der Pufferzusatz ist nur bei Grau und Türkis auch bei frisch angesetzten Bädern (aufgrund der Eigen-pH-Werte) wichtig und sollte auch nicht bei allen Farben verwendet werden.
Anfangs sind bis auf die Ausnahmen alle Farbbäder perfekt eingestellt. Das Problem beginnt mit der fortdauernden Einschleppung von Säure und Luftsauerstoff/Kohlenstoffdioxid. Das führt zu pH-Wert-Verschiebungen und dann zu mangelhaften oder auch gar keinen Färbungen.
Dazu kommt bei stark sauren Farbbädern ein beschleunigtes Auflösen von Aluminium, welches zu (ungünstigen) Farbstoff-Aluminium-Komplexen führt.
Zusammengefasst: Bei langfristig verwendeten Bädern sollte gepuffert werden, bei Türkis und Grau immer. Frisch angesetzte Bäder kann man auch so verwenden, aber man reduziert damit die Lebensdauer.

Soviel erstmal für heute :-)

Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Drube
Electronic Thingks
Eloxierdauer, Färbedauer, kalt Färben, schrittweiser Spannungsanstieg, Pufferzusatz?!
27. März 2010 19:14
Hallo Alex,

in diesem Forum eloxieren über 200 Leute ( weltweit ) nach der Eloxieranleitung von Herrn Drube!
Du probierst drei Wochen rum und hast ´das Ei des Kolumbus´ gefunden??!

Lass´ dir bitte gesagt sein, daß du den Sinn von vielen Angaben in der Anleitung erst nach Monaten bzw. vielen ( hunderten ) eloxierten Teilen erkennen kannst!!
Das Färben z.B. kann innerhalb von Sekunden nicht funktionieren! Schon gar nicht bei Zimmertemperatur!
Bei Anodisierzeiten von 30 Minuten hätte ich schon ´Bauchschmerzen´!!
Die Schicht, die da aufgebaut wird, ist kristalliener Struktur. Und die braucht, meiner Meinung nach, eher 45 wie 30 Minuten. An der Stelle würde ich nicht sparen!!

Selbst wenn deine Ergebnisse schon klasse aussehen, du hast keine wirkliche Erfahrung gesammelt! Oder kennst du die Schichtdicke, die du aufgebaut hast? Wie werden deine eloxierten Teile in drei Monaten aussehen?

Hast du schon einmal versucht, die eloxierten, gefärbten und gesealten Teile mit einem nassen, hellen Lappen abzureiben?? Bleibt der Lappen ´sauber´ oder nimmt er Eloxalfarbe an?



Dirk
Eloxierdauer, Färbedauer, kalt Färben, schrittweiser Spannungsanstieg, Pufferzusatz?!
27. März 2010 21:19
Hast du schon einmal versucht, die eloxierten, gefärbten und gesealten Teile mit einem nassen, hellen Lappen abzureiben?? Bleibt der Lappen ´sauber´ oder nimmt er Eloxalfarbe an?


Hab ich ab und an auch, gerade bei AlMgSi0,5. Ich nehme an die Poren sind irgendwann so gesättigt, das sich die Farbe oberflächlich anlagert. Die betreffenden Stellen sehen matt bis fleckig aus. Ich reibe Sie dann mit einem Aceton-getränktem Lappen ab oder gehe sogar mit 'Elsterglanz' dran.

Dachte erst es liegt an mangelhafter Versiegelung, wird aber auch nach 2h Kochen nicht anders...
pe-ce-oh
Eloxierdauer, Färbedauer, kalt Färben, schrittweiser Spannungsanstieg, Pufferzusatz?!
30. März 2010 17:28
Vielen Dank für die Antworten!
Sie sind zwar etwas enttäuschend, weil ich geglaubt habe, den Einstellungen für den gesuchten Farbton (mühevoll) schon sehr nahe gekommen zu sein, aber hilft ja nix und besser so als später die böse Überraschung ;)

Was das Abreiben der Farbe angeht:
Meiner bescheidenen Erfahrung nach färben die Teile vor allem ab, wenn die Säurebadtemperatur zu hoch war, also die Kühlung nicht ausreichend...

Eine Frage fällt mir noch ein:
Wenn ich die Farbe 'blau' benutze, die bei 10 bis 20 min färben ja relativ dunkel (teilweise ist violette gehend) wird, kann dann eurer Meinung nach damit überhaupt auf einen hellen Himmelblau-Farbton kommen oder muss ich dazu Farben mischen?

Gruß
Alex
Eloxierdauer, Färbedauer, kalt Färben, schrittweiser Spannungsanstieg, Pufferzusatz?!
30. März 2010 22:02
Konzentration des Farbbades?

edit: Steht doch alles hier: URL

Nimmst du z.B. 0,5g/L und färbst bei 40°C 10min. Probier es aus!
Eloxierdauer, Färbedauer, kalt Färben, schrittweiser Spannungsanstieg, Pufferzusatz?!
31. März 2010 07:57
Also, daß ´Abreiben´ der Farbe hat mit der ( schlecht ) aufgebrachten Eloxalschicht zu tun. Das passiert, wenn das Bad zu warm war, aber auch, wenn der Strom nicht ´gepasst´ hat oder das Teil nicht ´sauber´ genug war ( oder bei dünnen Profilen, die nicht genug gebeizt wurden )...

Der Farbton nach dem färben ist nicht nur von dem Farbton des Bades abhänig, sondern z.B. auch von der Legierung. ABER auch von der Eloxalschicht!!

Wenn ich AlCuMgPb ( 2007 ) in Blau färbe ( 3-5 g/L ) dann bekomme ich, selbst bei einer Stunde Baddauer, nichts dunkleres wie das ´Windows-Blau´ meines ´Fenster-Rahmen!!


Dirk
Eloxierdauer, Färbedauer, kalt Färben, schrittweiser Spannungsanstieg, Pufferzusatz?!
31. März 2010 08:07
Hallo!

Eine Frage fällt mir noch ein:
Wenn ich die Farbe 'blau' benutze, die bei 10 bis 20 min färben ja relativ dunkel (teilweise ist violette gehend) wird, kann dann eurer Meinung nach damit überhaupt auf einen hellen Himmelblau-Farbton kommen oder muss ich dazu Farben mischen?

Einfach eine geringere Konzentration verwenden. Selbst bei 0,1g/Liter erhält man schon ein kräftiges Blau, bei 2g ist es schon eher ein Blauschwarz Also durchaus mal 0,05g/Liter verwenden. EIn schönes 'Azurblau' gibt es auch mit Türkis, aber auch da maximal 0,1g/Liter.
Wenn die Konzentrationen dann doch zu gering sind, kann man immer noch nachstärken.

Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Drube
Electronic Thingks
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