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Materialschwächung aufgrund des Eloxierens

Materialschwächung aufgrund des Eloxierens
06. September 2017 21:22
Hallo allerseits,

Das Eloxieren habe ich mir mit Hilfe dieser Seite selbst beigebracht.
Alle nötigen chemischen Zutaten, Labornetzteil usw. habe ich mir beschafft und nach einigen Fehlversuchen hatte ich den Bogen einigermaßen raus.

Jetzt zu meinem Problem;
U.a. habe ich vor Jahren eine Motorrad Gabelbrücke mit Gabeljoch und die äusseren Alurohre meiner USD Gabel eloxiert. (Vorher abgebeizt)
Ausgerechnet der freundliche TÜV Prüfer sagte mir nun neulich bei der HU, daß er selbst Bedenken hätte die Gabelrohre eloxieren zu lassen, aufgrund der möglichen Wasserstoffversprödung des Materials.
Ich selbst kannte das Thema nur in Bezug auf hochfeste Stahlschrauben, die aus diesem Grund, wenn überhaupt nur mit sehr speziellen Verfahren galvanisch verzinkt werden.
Falls die Wasserstoffversprödung in gleichem Maße tatsächlich auch auf Aluminiumlegierungen zutreffen sollte, habe ich natürlich ein dickes Problem.
Im Internet kann ich nichts eindeutiges finden also hoffe ich, daß hier jemand genau Bescheid weiß.

Vielen Dank für eure Antworten im Voraus!
Gruß Michael
Re: Materialschwächung aufgrund des Eloxierens
07. September 2017 21:47
Hallo, Michael!

Ich weiß keineswegs genau Bescheid!
Aber ich mache mir meine Gedanken. Bei jeder Art des galvanischen Materialauftrags, sei es nun verkupfern, verzinken, vernickeln, verchromen, etc. ist das Werkstück als Kathode geschaltet. Und der Wasserstoff entsteht an der Kathode, also an der Oberfläche des Werkstücks. Kein Wunder, dass der sofort dort rein diffundiert, sitzt ja an der Quelle...
Eloxieren funktioniert aber genau andersrum. Da ist das Werkstück als Anode geschaltet, an der Sauerstoff entsteht, der für die Oxidation des Aluminiums in Aluminiumoxid (Al2O3) dringend benötigt wird. Der Wasserstoff entsteht auch hier an der Kathode, das kümmert aber niemanden, weil die nur dazu da ist, da zu sein. Und ob das Kathodenmaterial durch den Wasserstoff versprödet, hat noch niemanden interessiert.
Das alles behaupte ich einfach aus dem Bauch heraus, ohne metallurgisches Fachwissen.
Aber auch ich rufe diejenigen, die besagtes Fachwissen haben!

Noch ein paar Gedanken, die ich mir mache: Die Jahre vor der letzten HU bist Du frohgemut mit der selbst eloxierten Gabelbrücke und den schönen, dazu passenden Gabelrohren gefahren, alles war paletti, und ganz plötzlich, seit dem Tag, an dem der Prüfer die Stirn runzelte, hast Du ein dickes Problem? Was hat sich denn geändert an jenem Tag?

Grüße, Rudi

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Wenn Du sicher bist, richtig gemessen zu haben, miss nochmal!
Re: Materialschwächung aufgrund des Eloxierens
08. September 2017 14:15
Hallo Rudi,

vielen Dank für die schlüssige und in der Tat beruhigende Antwort.

Da der Wasserstoff, wie Du schreibst nicht am Werkstück entsteht, heißt das für mich erstmal Entwarnung.

Nichtsdestotrotz gibt es Prüfvorschriften, nach denen Fahrwerksteile an Motorrädern eben nicht nachträglich eloxiert werden dürfen...

Der Umbau wurde übrigens schon vor zwei Jahren durch den TÜV abgenommen und zwar ganz ohne Bedenken.

Weißt Du zufällig auch ob durch das Abbeizen mit Abflußreiniger eventuelle Materialschwächungen auftreten können?

Grüße Michael
Re: Materialschwächung aufgrund des Eloxierens
08. September 2017 18:07
Hallo, Michael!

Das weiß ich leider nicht!
Ich denke aber auch für diesen Fall so vor mich hin:
Das Abbeizen dient dem gründlichen Entfetten der Aluminiumoberfläche. Solange nur Fett gelöst wird, passiert dem Metall garantiert nichts. Aber, wie jeder selbst nachprüfen kann, lässt sich Aluminium in Natronlauge (NaOH) super auflösen, wenn man es nur lange genug drin liegen lässt. Da läuft also eine ganz ordentliche chemische Reaktion ab! Ob dabei Wasserstoffgas entsteht, vermag ich nicht zu sagen. Aber ich habe auch hier ein Bauchgefühl und ein leises Brummen im Hinterkopf, das besagt, dass bei solchen Reaktionen die entstehenden Gase nicht atomar, sondern als Moleküle gebildet werden. Jegliche Gasmoleküle - auch schon das Wasserstoffmolkül H2 - sind zu groß, um im Metallgitter diffundieren zu können, das schaffen nur einzelne (Wasserstoff-)Atome.
Es könnte also sein, dass das Abbeizen in Natronlauge die Metallfestigkeit nicht negativ beeinflusst.

Siehe aber meinen ersten Beitrag: Metallurgen und Chemiker wissen mehr!!

Grüße, Rudi

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Wenn Du sicher bist, richtig gemessen zu haben, miss nochmal!
Re: Materialschwächung aufgrund des Eloxierens
09. September 2017 21:33
Die Teile gibt's doch auch vom Hersteller eloxiert, und der macht es auch nicht großartig anders als wir mit unseren Kleinanlagen.
Re: Materialschwächung aufgrund des Eloxierens
11. September 2017 20:40
Hallo Zusammen,

nochmals Danke für die Beiträge.

Ich habe zwischenzeitlich einige Anbieter kontaktiert und keiner wußte auf Anhieb was es mit der Wasserstoffversprödung bei Aluminium auf sich hat.
Ich denke da wurde in der Prüfvorschrift einfach mal Alles in einen Topf geschmissen, mangels Wissen oder aufgrund übersteigerter Vorsicht?!
Immerhin hat der Ing. beim Tüv Bedenken geäußert und Suzuki erteilt ebenfalls keine Freigabe für nachträgliches Eloxieren.
Aber eben Alles vermutlich nur um jedes eventuelle Risiko auszuschließen.

Wie dem auch sei, eventuell Tausche ich die Rohre, der Winter steht ja bevor...

Anbei noch ein Foto, damit Ihr Euch ein Bild machen könnt.

Gruß Michael


Re: Materialschwächung aufgrund des Eloxierens
13. September 2017 11:00
Hallo,

michaels76:
Ich habe zwischenzeitlich einige Anbieter kontaktiert und keiner wußte auf Anhieb was es mit der Wasserstoffversprödung bei Aluminium auf sich hat.

Das ist zumindest beim Anodisieren von Aluminium kein Wunder, denn dort gibt es das nicht (schon aufgrund der weiter oben angeführten Klemmung als Anode).
Bei Aluminium generell kenne ich Wasserstoff nur als Problem in Aluminiumschmelzen, aber dort geht es nur um das Ausgasen,

Ich denke da wurde in der Prüfvorschrift einfach mal Alles in einen Topf geschmissen, mangels Wissen oder aufgrund übersteigerter Vorsicht?!

Ja, das Erste dürfte das Letzte befeuert haben.

Immerhin hat der Ing. beim Tüv Bedenken geäußert und Suzuki erteilt ebenfalls keine Freigabe für nachträgliches Eloxieren.
Aber eben Alles vermutlich nur um jedes eventuelle Risiko auszuschließen.

So ist es.

Wenn eine Eloxalschicht (wir sprechen von 1/100mm) das Material bereits kritisch schwächt, dann hat man ganz andere Probleme als die Festigkeitsverluste durch die Schichtbildung.

Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Drube
Electronic Thingks
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